Samstag, 29. Juni 2013


Die
Käfer
Weilmünsters


Bemerkungen zur Käferfauna im Gebiet der Großgemeinde Weilmünster

Cicindela campestris Col. Carabidae
Aromia moschata Col. Cerambycidae
Anthaxia nitidula Col. Buprestidae
Timarcha tenebricosa Col. Chrysomelidae
Dorcus parallelopipedus Col. Lucanidae
Platystomus albinus Col. Anthribidae
Trichius fasciatus Col. Scarabaeidae
Meloe violaceus Col. Meloidae
Pyrrhidium sanguineum Col. Cerambycidae


Dipl. Biol. Peter Ulrich Zanger














Der Rosenkäfer Cetonia aurata aus der Familie der Blatthornkäfer (SCARABAEIDAE)
liebt die Nähe der Menschen und dringt gerne in menschliche Wohnbereiche vor.






Nach gegenwärtigem Stand naturwissenschaftlicher Kenntnis sind weltweit 1.2 Millionen Tierarten registriert und beschrieben. Die Tiergruppe mit der größten Artenzahl und weitestentwickelten Diversität sind die Insekten mit ca. 850.000 Arten. Innerhalb der Insekten ist wiederum die Ordnung der Käfer (COLEOPTERA) mit 350.000 Arten die bei weitem artenreichste und vielfältig entwickeltste systematische Einheit. In Mittel- und Nordwesteuropa sind gut 8000 Käferarten beschrieben, die nach ihren Körperbau-Merkmalen klassifiziert 92 Familien zugeordnet werden.

Käfer sind in der Lage, alle existierenden Lebensräume zu besiedeln und haben dazu charakteristische Anpassungen in Lebensweise, Ernährung und Körperbau entwickelt. Die vollständige systematische Beschreibung aller Käferarten der unterschiedlichen natürlichen und menschengeschaffenen Lebensräume Weilmünsters und seiner Umgebung wäre ein Lebenswerk, dessen Erstellung Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. So soll diese Artikelserie hier nur dazu dienen, am Beispiel einzelner, zufällig ausgewählter und abgebildeter Käferarten beim interessierten Leser Interesse für diese interessante und abwechslungsreiche Tierordnung zu wecken und deren weiteres Studium voranzubringen.






Freitag, 10. Februar 2012


Der Feld-Sandlaufkäfer Cicindela campestris
Familie CARABIDAE Unterfamilie CICINDELINAE

Zu den bekanntesten Käferfamilien gehören die Laufkäfer (Fam. CARABIDAE) mit 38 mitteleuropäischen Unterfamilien und 87 Gattungen. Aus Deutschland sind mehr als 520 Arten bekannt. Charakteristisch für den hohen Bekanntheitsgrad der Käfer dieser Familie ist das namensgebende, "laufende" Fortbewegungsverhalten, so daß die Tiere im Gegensatz zu anderen Insektenarten, die bei menschlicher Annäherung sofort davonfliegen, auf vegetationsfreiem Untergrund oft lange bemerkt und beobachtet werden können. Desweiteren gehören zu den Laufkäfern zahlreiche große und auffällig metallisch-glänzend gefärbte Arten, die leicht wiederzuerkennen und systematisch zuzuordnen sind. Dies trifft insbesondere für die 12 mitteleuropäischen Arten der Gattung Cicindela aus der Unter-Familie der Sandlaufkäfer (CICINDELINAE) zu.


Cicindela campestris L. 1758
Feld - Sandlaufkäfer


Besondere Erkennungsmerkmale für alle Arten der Laufkäfer-Unterfamilie, die von machen Naturwissenschaftlern wegen der Besonderheiten ihrer Larven-Entwicklung sogar als eigenständige Familie neben den übrigen Laufkäfern betrachtet werden, sind die langen, kräftigen, spitz-zulaufenden "Säbelzahn"-artigen Oberkiefer (weshalb sie im englischen Sprachraum als "Tiger-Käfer" bzw. "Tiger-Beetle" bezeichnet werden) und die selbst für Laufkäfer-Verhältnisse auffällig langen Beine.

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Cicindela campestris L. 1758
Typische Flügeldecken-Zeichnung des Feld - Sandlaufkäfers



Beste Möglichkeiten zur Beobachtung von Sandlaufkäfern bieten sich während der Paarungszeit der Tiere im zeitigen Frühjahr ab April bis Juni an Sonnentagen und an Stellen mit trockenen, sandigen Boden und schütterem bis fehlendem Bewuchs, wie zum Beispiel auf wenig befahrenen Feldwegen, an Ackerrändern, Kiefernwaldrändern, Sanddünen, Heide- und Brachflächen, Sandbänken und Flußufern, Steinbrüchen und Kiesgruben. Die Tiere verweilen dort oft zum Sonnen oder zur Partnersuche und sind am Besten beim ersten Auffliegen bei Störungen bzw. menschlicher Annäherung, auf die die Arten der Gattung Cicindela allesamt sehr empfindlich reagieren, zu erblicken, wobei das "Aufblitzen" ihrer metallisch schillernden Flügeldecken im Sonnenlicht ihr Erkennen aus einigen Metern Abstand ermöglicht. Das Fangen der Tiere ist wegen ihrer hohen Sensibilität und schnellen Reaktionsfähigkeit praktisch unmöglich und sollte auch unbedingt unterlassen werden, denn die 8 deutschen Arten der Gattung Cicindela stehen heute nach Bundesartenschutzverordnung alle unter Naturschutz, da ihre Individuenzahl in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen ist und die von ihnen besiedelten Habitate einem bedauernswerten Schwund unterliegen.


Cicindela campestris L. 1758
Feld-Sandlaufkäfer-Paar beim Vermehrungs-Spiel


Cicindela campestris L. 1758
Feld-Sandlaufkäfer-Paar beim Vermehrungs-Spiel



Die Larven der Cicindelidae leben in selbstgegrabenen Röhren in locker-sandigem Boden und ernähren sich jagend-räuberisch von anderen Insekten und Spinnen, die in die Nähe ihrer Brutröhre kommen. Mit ihrem charakteristisch geformten Kopf sind die Larven in der Lage, die Eingangsöffnung ihrer Neströhre tarnend zu verschließen und gleichzeitig jagdbereit die Umgebung des Nesteinganges unter Kontrolle zu halten. Am Ende ihres Larvalzyklus verpuppen sich die Larven am Grunde der Brutröhre und überdauern dort auch einen Winter und bisweilen sogar mehrere Winter. Die Existenz ungestörten, lockern, sandigen Bodensubstrates ist für Nestbau und Entwicklung der Cicindela-Larven von entscheidender Bedeutung und auch Grund für den starken Rückgang der Individuenzahl bzw. die Bedrohung dieser Art, da wegen der intensiven und maschinellen Bodenbearbeitung und dem Befahren von Wegen immer weniger geeignete und andauernd ungestörte Nestbauplätze vorhanden sind, so daß insbesondere die früher in menschlich gestalteten Lebensräumen sehr häufige Art Cicindela campestris (Feld-Sandlaufkäfer) heute nur selten zu finden ist.


Cicindela campestris L. 1758
Feld - Sandlaufkäfer


Das lamentable Verschwinden dieser sehr anschaulichen, demonstrativen und bemerkenswert hübschen Käferart ist leider auch an den Standorten in Weilmünster zu registrieren, an denen der Feld-Sandlaufkäfer bisher noch mit Sicherheit und regelmäßig an Sonnentagen im Frühjahr zu beobachten ist. Dazu zählt insbesondere das innerörtliche Gärtnereigelände zwischen der Weilstraße und der Loorbeerkrone, wo die Käfer im lockeren, unbefahrenen Erdreich zwischen und in Pflanzanlagen ihre Paarungsplätze haben, denn leider sind seit Neuestem auch hier Bodenversiegelungen der Wandelpfade im Gange.

Cicindela campestris erreicht Körpergrößen zwischen 1,05 und 1,45 cm und ist in Körperbau und Färbung dem Gallischen Sandlaufkäfer (Cicindela gallica BRULLEE 1834) ähnlich, doch besiedelt letzterer alpine Regionen zwischen 1500 und 2800 Metern Berghöhe. Deutlich kleiner als die hier beschriebene Art und metallisch-braun gefärbt sind der Deutsche Sandlaufkäfer (Cicindela germanica L. 1758) und der Wiener Sandlaufkäfer (Cicindela arenaria FÜSSL 1775). Der Küsten-Sandlaufkäfer (Cicindela maritima DEJEAN 1822) ist in seiner Verbreitung in Deutschland auf die Nord- und Ostseeküste beschränkt.

Am häufigsten verwechselt wird der Feld-Sandlaufkäfer mit dem Braunen Sandlaufkäfer (Cicindela hybrida L. 1758), dessen Färbung bisweilen auch grün sein kann. Doch bleiben hier als relativ sicheres Art-Unterscheidungsmerkmal die ausgedehnteren, hellen Flügeldecken-Bänderungen des Braunen Sandlaufkäfers, während der Feld-Sandlaufkäfer nur helle Punkt-Makel auf seinen Elytren aufweist.

Wald-Sandlaufkäfer Cicindela silvatica LINNE 1758 und Berg-Sandlaufkäfer Cicindela silvicola DEJEAN 1822 besiedeln, wie schon ihr lateinischer Name nahelegt, hauptsächlich Wälder und sind metallisch-kupfern gefärbt. Man unterscheidet beide Arten an der schwarzen, längsgekielten Oberlippe des Wald-Sandlaufkäfers.





Der Moschus-Bock Aromia moschata
Familie CERAMBYCIDAE
Eines ähnlich hohen Bekanntheitsgrades wie dei Laufkäfer erfreuen sich die der Familie der Bockkäfer (CERAMBYCIDAE) zugeordneten Käferarten, doch sind sie, obwohl bisweilen begründet durch ihre langsamere und behäbigere Fortbewegungsweise besser zu beobachten als Laufkäfer, wegen ihrer geringeren Artenvielfalt insgesamt seltener. Von den weltweit 27.000 beschriebenen Bockkäfer-Arten kommen nur 250 Arten in Mitteleuropa vor. Die Familie der Bockkäfer beinhaltet Tiere mit verhältnismäßig großem Körper, wobei die Körperform zumeist schmal-langestreckt ist. Eindeutiges Erkennungsmerkmal der meisten Arten sind die auffällig langen und gebogenen Fühler, die bisweilen deutlich länger als die Kopf-Rumpf-Länge der Tiere sein können. Die Cerambyciden sind im Gegensatz zu den meist schwarz-bläulich gefärbten Laufkäfern sehr unterschiedlich gefärbt, wobei sowohl einfarbig braune als auch abwechslungsreich bunt-gefärbte und stark metallisch-glänzende Arten existieren. Zu den bekanntesten Bockkäfern zählen der Wespen-, der Hornissen- und der Widderbock sowie mehrere Arten der Gattung Schmal- oder Blütenböcke (Strangalia) wegen der als Wespen- oder Hornissen-Mimikri bezeichneten, schwarz-gelb-gestreiften Flügeldeckenzeichnung. Ebenso bekannt aber sehr viel seltener zu sichten sind die großen Bockkäferarten, die im Folgenden näher besprochen werden.
Aromia moschata L. 1758
Moschus-Bock oder Weiden-Bock


In der historisch existierenden Naturlandschaft mit extensiver Waldwirtschaft und geringen menschlichen Landschaftsmanipulationen haben die Bockkäfer ideale Voraussetzungen für ihre Vermehrung gefunden, denn zur Entwicklung sind die Tiere auf das Vorhandensein morschen bzw. langsam verwitternden Holzes angewiesen, in dem sich die Larven der Cerambyciden aufhalten, fortbewegen, ernähren und verpuppen, wobei bestimmte Käferarten auf die Existenz einer einzigen, bestimmten Baumart angewiesen sind. In modernen Land- und Forstwirtschafts-Landschaften verschwinden diese Voraussetzungen zunehmend durch das schnelle Wegräumen und "Reinhalten" von Altholzvorkommen, so daß nur durch den Naturschutz besonders behütete Altholzinseln mit langsam verwitternden Baumstämmen für die Vermehrung dieser Käferarten zur Verfügung stehen.

Aromia moschata ist dabei durch 2 deutsche Artnamen charakterisiert, wobei der Name Weiden-Bock darauf hinweist, daß sich die Larven der Tiere fast ausschließlich in alten Weiden (selten auch in Erlen oder Pappeln) entwickeln, was wiederum nahelegt, das die Tiere meist in der Nähe von Gewässern mit Weidenbeständen an ihren Ufern vorkommen. Der zweite Name, Moschus-Bock (im Englischen: Musk-Beetle), deutet darauf hin, das die Käfer einen durchdringenden, moschusartigen Duft verströmen lassen, der aus Drüsen am Brustkorb an der Körperunterseite der Tiere abgegeben wird.



Aromia moschata L. 1758
Moschus-Bock oder Weiden-Bock
Der Moschus-Bock kann eine Körperlänge von 3,5 cm, in Ausnahmefällen sogar bis 4 cm erreichen. Die Ausdehnung der ausgestreckten Fühler der Männchen kann dabei die Körperlänge bis um die Hälfte überragen, während die Fühler der Weibchen maximal körperlang sind. Ähnlich auffällig große Bockkäferarten sind der dunkelbraune, bis über 5 cm messende Große Eichenbock (Heldbock, Riesenbock oder Spießbock) Cerambyx cerdo L. 1758, der bis 3 cm Körperlange auswachsende Große Pappelbock Saperda carcharias L. 1758, der Schneiderbock Monochamus sartor FABRE 1787, dessen Körper ebenfalls 3,5 cm lang werden kann, der sehr seltene Alpenbock Rosalia alpina L. 1758 und der Säge- oder Gerberbock Prionus coriarius L. 1758, der bis 4,5 cm mißt.

Die Färbung des Moschus-Bockes ist metallisch-goldgrün mit kupfernen, blauvioletten und schwarzen Farbvarianten. Die Flügeldeckenränder verlaufen fast parallel und verschmälern sich zum Körperende hin. Auf den Flügeldecken (Elytren) verlaufen je 2-3 Rippen in Längsrichtung. Die Oberfläche des zwischen Kopf und Hinterkörper (Abdomen) gelegenen "Halsschildes" des Käfers ist stark höckerig und trägt beiderseits einen großen, spitzen Fortsatz. Eine Verwechslung des Käfers mit ähnlichen Arten ist ausgeschlossen.


Aromia moschata L. 1758
Erkennungsmerkmale Flügeldecken-Rippen und Halsschild-Skulptur


In Weilmünster ist der Moschus- oder Weidenbock entlang des Flußlaufes der Weil insbesondere an Gewässerabschnitten mit alten Weidenbeständen deswegen noch häufig zu finden, da die Weilaue im Gemeindegebiet in relativ ungestörtem Naturzustand belassen wird, d.h. umgestürzte Stämme nicht sofort entfernt werden. Seine Beobachtung ist insbesondere in der Umgebung des Ortsteiles von Essershausen in den Sommermonaten ab Juni möglich.



Aromia moschata L. 1758
Moschus-Bock oder Weiden-Bock

Die den Cerambyciden bisweilen nachgesagte "Schädlichkeit" entbehrt jeglicher Grundlage, da die Käferlarven im Gegensatz zu anderen holzbewohnenden Insekten (z.B. Borkenkäfer) nicht das Absterben von Bäumen verursachen sondern erst in die morschen Stämme eindringen, wenn die Verwitterung des Holzes bereits einen fortgeschrittenen Grad erreicht hat. Aromia moschata ernährt sich wie alle anderen Bockkäfer auch und im Gegensatz zu den "räuberischen" Laufkäfern ausschließlich von planzlichem Material. Man findet die Tiere an Waldrändern und auf Hangwiesen an vielen Blüten und Kräutern, auf Beeren-Hecken, an Weiden selbst sowie an "blutenden" Stämmen von Birken, Pappeln und Ahorn.








Das Zierliche Prachtkäferchen Anthaxia nitidula
Familie BUPRESTIDAE


Nach der näheren Betrachtung der wegen ihres auffälligen und anschaulichen Aussehens bekannteren Familien der Lauf- und Bockkäfer ergibt es sich beinahe von selbst, die Aufmerksamkeit nun einer Käfer-Art der Prachtkäfer (BUPRESTIDAE) zuzuwenden, die - wie schon der Name nahelegt - besonders prachtvoll gefärbte und gemusterte Exemplare umfasst. Die schönsten und größten Arten der Prachtkäfer leben in den tropischen und subtropischen Ländern. Von den weltweit bekannten 16.000 Arten sind nur knapp 100 Arten in Mitteleuropa präsent, in Nordeuropa nur 40. Die heimischen Gattungen und Arten erreichen meist nur eine Körpergröße, die den Einsatz von Vergrößerungsgläsern bei der Suche nach ihnen notwendig macht: die kleinste heimische Art dieser Familie ist nur 1,4 mm lang. Größte heimische Arten sind der Kiefernprachtkäfer Chalcophora mariana L. 1758 mit bis zu 3,3 cm Körperlänge und der und der Ländliche Prachtkäfer Buprestis rustica L. 1758 mit bis zu 2 cm Größe.



Anthaxia nitidula L. 1758
Zierliches Prachtkäferchen
auch "Metallisch glänzendes Prachtkäferchen" genannt
beim Verzehr von Heckenrosen-Nektar


Macht man sich auf die gezielte Suche nach Prachtkäfern so ist man in den Frühlingsmonaten und besonders an sonnigen Maitagen an heckenbestandenen Waldrändern beim vorsichtigen Absuchen von Blüten, insbesondere der wilden Heckenrosen (Hundsrose oder Hagebutte Rosa canina), erfolgreich. Vorsichtiges Annähern ist deshalb von Bedeutung, weil die Prachtkäfer über gut entwickelte Augen und einen den gesamten Horizont erfassenden Rundumblick verfügen und sich bei geringsten Störsignalen, z.B. dem Schatten eines Menschen, sofort aus ihrer Position in die Umgebungsvegetation stürzen, so daß sie für unvorsichtige Beobachter weder von Weitem (wegen ihrer Kleine) noch aus der Nähe zu sehen sind.

Regelmäßige Besucher von Hagebutten-Blüten, aber selbstverständlich auch den meisten anderen Wildpflanzenblüten (i.e. Hahnenfuß, Margariten, u.a.) der Wald- und Feldraine, sind die Zierlichen Prachtkäferchen (Anthaxia nitidula LINNE 1758), so benannt von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné, der als Begründer der "binominalen Taxonomie" und damit der heute noch gültigen, weltweit einheitlichen wissenschaftlichen Benennung aller Tier- und Pflanzenarten gilt, die er mit seinem 1758 erschienen Werk "SYSTEMA NATURAE" erschuf.


Anthaxia nitidula L. 1758 - Zierliches Prachtkäferchen
Zwei (männliche ?) Tiere auf einem Blütenblatt von Rosa canina


Die Körperlänge von Anthaxia nitidula mißt zwischen 4,5 bis 7,3 Millimetern. Der Chitinpanzer der Körperhülle ist auf seiner gesamten Oberfläche stark schillernd metallisch grün, blau-grün oder gold-grün gefärbt. Unterschiedliche Literaturangaben existieren zum sogenannten "Geschlechstdimorphismus", also den unterschiedlichen Körpermerkmalen von Männchen und Weibchen ein und derselben Art. Tiere mit kupfern-goldmetallisch gefärbtem Kopf werden bisweilen als Weibchen, manchmal auch als Männchen bezeichnet. Im hier beschriebenen Beispiel wurde das Paarungsverhalten von 2 Exemplaren von Anthaxia nitidula beobachtet, die beide einheitlich vollständige metallisch-gold-grüne Körperfärbung hatten. Es bleibt dabei ungeklärt ob es sich bei den beiden Tieren um eine Unterart von A. nitidula mit fehlender Halsschild-Kupferfärbung, um einen irrtümlichen Fehlpaarungsversuch eines Männchens, das seine Parrungspartnerin falsch erkannte oder um einen Ausnahme-Fall von entomologischer Homosexualität handelt, der hier fotografisch dokumentiert wurde.



Anthaxia nitidula L. 1758 - Zierliches Prachtkäferchen
Zwei (männliche ?) Tiere beim Paarungs-Spiel auf einem Blütenblatt von Rosa canina


Die Larven des Zierlichen Prachtkäferchens entwickeln sich in den Stengeln von Rosen und Schlehen sowie auch in Obst- und Mandelbäumen. Man findet die Tiere von der Tiefebene bis in Mittelgebirgslagen in den Monaten Mai bis August. Die Körperform der meisten Buprestiden ist länglich-oval, Halsschild-Hinterrand und Flügeldecken-Vorderrand sind von gleicher Breite und auch der Kopf ist in den Thorax eingebettet, so daß der Gesamtkörperumriss fast aller Arten regelmäßig ovaloid ist. Die meisten Arten haben verhältnismäßig große, rundumblickende Augen und 11-gliedrige Fühler.



Anthaxia nitidula L. 1758
Zierliches Prachtkäferchen


Prachtkäfer, in älteren Literaturen auch "Richards" genannt, galten früher als "Forstschädlinge", besonders in Kiefernwäldern, doch bestätigen Studien neueren Datums, daß die Larven der Käfer sich ausschließlich in totem oder absterbendem Holz ernähren und entwickeln, so daß man sie als "Destruenten" von Altholz und damit als "Nützlinge" betrachten muß. Die Larven sind beinlos mit kleinem Kopf und verbreitertem 1. Brustsegment, was ihnen die Charakterisierung als "Kochlöffel" eingebracht hat, und nagen meist flache, gewundene Gänge zwischen Rinden-Bast und Splint-Holz. Die erwachsenen Käfer sind meist ausschließlich während starker Sonneneinstrahlung aktiv und sichtbar und ziehen sich sofort auch bei nur vorübergehender Bewölkung zurück.








Der Labkraut-Blattkäfer Timarcha tenebricosa
Familie CHRYSOMELIDAE


Manchen Tierarten, besonders solche mit aus kindlichen Augen betrachtet "zärtlichem und wehrlosem" Aussehen, erzeugen bei Menschen spontane Sympathie. Zu diesen zählt unter den Käfern besonders der Labkraut-Blattkäfer, der in Anbetracht seiner kugeligen Gestalt, seines "tapsigen" Fortbewegungsverhaltens und seiner großen "Tatzen", welchen er seinen deutschen Synonym-Namen Tatzenkäfer zu verdanken hat, problemlos als der "Panda-Bär des Käferreiches" bezeichnet werden darf.


Timarcha tenebricosa  (Fabricius, 1775)



Timarcha tenebricosa ist zugleich mit bis zu 2 cm Körperlänge die größte, in Deutschland beheimatete Art der insgesamt dort lebenden 450-500 Blattkäferspecies. Die Artenzahl der CHRYSOMELIDAE-Familie in Europa wird auf 1.300 geschätzt, weltweit vermutet man 35.000 Species.

Familien-Erkennungsmerkmal der Blattkäfer ist ein typisches Charakteristikum des 4-gliedrigen "Tarsen"-Fußes der Tiere. Der Ansatzpunkt des letzten, krallentragenden Endgliedes des Tarsus ist tief in das bogenförmig ausgesparte und im Verhältnis zum 4ten Tarsen-Segment deutlich breitere, dritte Tarsenglied eingesenkt.



  Tarsen-Fuß von Timarcha tenebricosa mit tief im dritten Segment ansetzenden, vierten Tarsen-Glied, welches teilweise vom 3ten Glied umrandet erscheint.



Der Körperbau der oft metallisch oder sehr bunt gefärbten Blattkäfer ist uneinheitlich, wobei Arten mit breit-ovaler und stark gewölbter Körpergestalt neben zylindrisch-gestreckten, bockkäferähnlichen und schildartig-abgeflachten Tieren überwiegen. Der Kopf der Chrysomelidae ist meist bis zu den Augen unter dem Halsschild eingebettet, ihre Fühler sind meist 11-gliedrig und fadenförmig, ihr äußerer Flügeldeckenrand ist von einem, zumeist von oben sichtbaren Saum umgeben.

Bei Timarcha tenebricosa sind die beiden Flügeldecken (Elytren) miteinander verwachsen, d.h. diese Blattkäferart ist flugunfähig. Wie bereits erwähnt bewegen sich die Tiere langsam am Boden oder in der niedrigen Vegetation fort, wobei die mit scheinbar "gesenktem" Kopf mittels ihrer Fühler die vor ihnen liegende Umgebung beständig abtasten, so als wären sie blind. Die Körperfärbung ist bläulich-schimmernd schwarz mit leicht ledrigem Glanz, die Körperoberfläche ist deutlich unregelmäßig punktiert.  



Der Labkraut-Blattkäfer Timarcha tenebricosa


Der Jahres-Aktivitätszeitraum der pflanzenfressenden Tiere, die sich hauptsächlich von Labkraut- (Galium sp.) Arten ernähren, erstreckt sich über die Monate April bis August. Bei Störung und übermäßiger Reizung sondern die Tiere ein bisweilen als "Blutströpfchen" beschriebenes, hellrotes Körpersekret ab, das man als "Abwehrsekret" bezeichnet. Die als "faulig"-schmeckend beschriebene, aus dem Mund abgegebene Flüssigkeit brachte dem Käfer auch seinen englischen Namen "Blutspucker-Käfer" (Blood Spewer, blood spewing beetle, bloody nosed beetle) ein. Im Deutschen Sprachgebrauch entstand in diesem Zusammenhang der beschreibende Terminus des "Reflexblutens". Abwehrsekrete dienen auf Grund ihres für Fraßfeinde der Tiere abschreckende Geschmackes bzw. Geruches als Mittel zur Abschreckung von potentiellen Prädatoren.

Bei oberflächlicher Betrachtung des Labkraut-Blattkäfers besteht die Gefahr der Verwechslung mit Käfern der Gattungen Phosphuga (Aaskäfer / Familie SYLPHIDAE) oder Blaps (Totenkäfer / Familie DERMESTIDAE), doch gelingt die sichere Unterscheidung der Tiere leicht anhand der arttypischen Erkennungs- und Bestimmungsmerkmale. Von den Schwesterarten in der Gattung Timarcha (Timarcha goettingensis, Timarcha metallica) unterscheidet man die relativ größere (11-20 mm) T. tenebricosa durch die Körperlänge und die vorhandene Saum-Umrandung des Halsschildes.



Der Labkraut-Blattkäfer Timarcha tenebricosa



Blattkäfer sind, wie es der Familienname dieser Käferarten schon nahelegt, pflanzenfressende Arten und ernähren sich von den Blättern von Wild- und Kulturpflanzen, was ihnen bisweilen den Ruf des Nahrungskonkurrenten des Menschen in landwirtschaftlichen Pflanzungen und die Bezeichnung "Schädling" eingebracht hat. Lokale Massenvermehrungen der Tiere, die überproportionalen Fraßschaden an Kulturpflanzen zu Folge haben könnten, entstehen allerdings nur in landwirtschaftlichen Kulturen mit gestörtem Artengleichgewicht, d.h. bei fehlenden Antagonisten (Nützlingen) der blattfressenden Tierart, die deren Übervermehrung unterbinden. Fehlende Nützlingspopulationen waren früher oft Folge des Einssatzes von Breitband-Pestiziden in der Landwirtschaft, die neben dem als "Schädling" klassifizierten Tier auch dessen natürliche Gegenspieler ausrotteten, was anschließende Massenvermehrungen einer Art förderte, oder traten bei Invasionen faunenfremder Tierarten auf, wie beispielsweise nach der angeblichen, künstlichen Verbringung des Kartoffelkäfers Leptinotarsa decemlineata (Say, 1824) aus militärstrategischen Gründen nach Deutschland in den Jahren 1877 und 1936. Noch heute kursieren Gerüchte, daß im Zweiten Weltkrieg künstlich vermehrte Kartoffelkäfer aus amerikanischen Kampfflugzeugen über deutschen Kartoffelfeldern abgeworfen wurden, um die kriegswichtige Nahrungsmittelproduktion des Kriegsgegners zu schädigen. Zwei weitere in diesem Zusammenhang charakterisierte CHRYSOMELIDAE-Arten sind das Spargelhähnchen Crioceris asparagi (L. 1758) und der Zwölfpunktige Spargelkäfer Crioceris dudecimpunctata (L. 1758).

Gleiches, vorurteilsbehaftetes Schicksal ist dem Labkraut-Blattkäfer Timarcha tenebricosa bisher erspart geblieben.




Labkraut-Blattkäfer Timarcha tenebricosa (FAB., 1775) (COL.: CHRYSOMELIDAE)









Der Balkenschröter Dorcus parallelopipedus
Familie LUCANIDAE



Zur Familie der Schröter oder Kammhornschröter (LUCANIDAE) gehört der wohl bekannteste Käfer der Entomofauna Deutschlands, der heute äußerst seltene und vom Aussterben bedrohte Hirschkäfer Lucanus cervus. Weitaus weniger bekannt, unscheinbarer, da von geringerer Körpergröße und mit weniger mächtigen Oberkiefern ausgestattet ist der verwandte Balkenschröter Dorcus parallelopipedus L., 1758.


Dorcus parallelopipedus LINNAEUS, 1758 (Balkenschröter)



Aus der Familie der LUCANIDAE mit weltweit ca. 930 Species sind in Mitteleuropa nur 6 Arten bekannt. Systematisch bilden die "Schröter" gemeinsam mit den Käferarten der Familien TROGIDAE (Erdkäfer), GEOTRUPIDAE (Mistkäfer), SCARABAEIDAE (Blatthornkäfer / Rosen- & Maikäfer) die Familienreihe der LAMELLICORNIA. Diese übergeordnete, namensgebende Zusammenfassung ist begründet durch das gruppentypische Merkmal der einseitig erweiterten Endglieder der Fühler der Tiere, die zu einem mehr oder weniger auffälligen, vermutlich mit Sinnesorganen besetzten, unbeweglichen Fächer geformt sind.  



     Einseitig verbreiterte (gefächerte) Fühler-Endglieder von Dorcus parallelopipedus, das gemeinsame Erkennungsmerkmal der SCARABAEOIDEA bzw. LAMELLICORNIA


Der Familienname "Schröter" leitet sich vermutlich vom im deutschen Sprachgebrauch für "gemahlenes Getreide" verwendeten Begriff "Schrot" ab, das im Zusammenhang mit den Käfern synonym für "gemahlenes Holz" verwendet wird, denn in morschem, "zu Schrot gemahlenem" Holzmehl bereits verwitternder Baumstämme erfolgt die Eiablage durch die Weibchen und die Bildung der Puppenwiege, in denen die Larven ihren mehrjährigen Entwicklungszyklzus durchleben. Die heutige Bestandsgefährdung und Seltenheit der LUCANIDAE ist insofern auch dadurch begründet, daß in Regionen mit moderner Waldbewirtschaftung Ruhezonen mit langsam zerfallenden, alten Baumstämmen nur selten aufrechterhalten werden.








 Paar von Dorcus parallelopipedus auf verwitterndem Holz, links das Weibchen, rechts das Männchen.


Die Unterscheidung der männlichen und weiblichen Tiere erfolgt anhand der etwas größer ausgebildeten, zangenartigen Kiefer des Männchens sowie dessen mattschwarz-gefärbter Kopf- und Halsschildoberseite, die bei den Weibchen deutlich erkennbar glänzend ausgeprägt ist. 



Paar von Dorcus parallelopipedus, links das Weibchen mit deutlich glänzendem Halsschild und und geringmächtiger geformten Kiefernzangen.



Die LUCANIDAE leben vorwiegend in Laubwald-Altbeständen und ernähren sich dort von süßen Baumsäften, Knospen und Blättern. Entwicklungspflanzen der Larven von Dorcus parallelopipedus sind Stubben und abgestorbene Stämme von Eichen und Buchen, seltener auch Ulmen, Linden oder Obstbäumen.


Dorcus parallelopipedus Weibchen mit auffälligen Stirnhöckern



Der Körper der Tiere erreicht Längen von 18 bis 32 mm. Die Käfer sind sowohl tag- als auch nachtaktiv und flugfähig, aber sehr träge und behäbig in ihren Bewegungen. Bisweilen findet man kleine Ansammlungen in zerfallenden Holzstämmen und dies nicht nur in Naturwäldern sondern auch in naturnah gestalteten Gärten mit speziell zur Vermehrung der Tiere angelegten und aufrechterhaltenen "Totholzinseln".



Dorcus parallelopipedus Weibchen mit auffälligen Stirnhöckern



Der Jahres-Aktivitätszeitraum der Tiere erstreckt sich über die Monate Mai bis August. Die Larven verpuppen sich nach 2-3 Jahren. Die erwachsenen Käfer schlüpfen im Spätsommer und überdauern noch den folgenden Winter an ihrem Entwicklungsort, bevor sie ihre Puppenwiege im nächsten Frühjahr verlassen.



Dorcus parallelopipedus Männchen mit mattschwarzem Halsschild








Der Große Breitrüssler Platystomus (Anthribus) albinus
Familie ANTHRIBIDAE


Platystomus (Anthribus) albinus - Großer Breitrüssler


Käfer, deren Kopfvorderseite, also die Stirnpartie zwischen den Augen und das Kinn oberhalb der Mundwerkzeuge, auffällig verlängert sind, bezeichnet man im Allgemeinen als "Rüsselkäfer". in Gesamtbetrachtung mit allen anderen Körpermerkmalen werden diese Käferarten allerdings systematisch getrennten Familien und Familiengruppen zugeordnet.

Die bekannteste und in Deutschland artenreichste Familie von Käfern die dieses Charakteristikum aufweisen, sind die eigentlichen Rüsselkäfer aus der Familie CURCULIONIDAE. Von allen anderen ähnlichen Arten unterscheiden sich die Curculionidae durch die sogenannten "geknieten" Fühler mit einem stark verlängerten 1ten Fühlerglied und der daran winklig abgebogen angefügten Fühlergeißel. Zugeordnet sind die Curculionidae der Überfamilie CURCULIONOIDEA, die noch 4 weitere Käferfamilien mit deutlich verlängertem Kopf umfasst, deren Fühler allerdings NICHT GEKNIET sind:

APIONIDAE - Spitzmäuschen
Kleine (durchschnittlich 2-3 mm Körperlänge) meist strak farbige Käferchen mit deutlichem "Rüssel" aber ohne verlängertes 1. Fühlerglied, mit länglich ovalem, schmalem Körperbau, die zumeist an Schmetterlings- und Korbblüten zu finden sind.

ATTELABIDAE - Triebstecher & Blattroller
Robustere Rüssler mit rechteckig-kantigem Körperbau von 2-9,5 mm Körperlänge, deren parallele Flügeldeckenseitenränder zum Körperende hin leicht auseinanderlaufen. Die deutschen Familiennamen sind vom Eiablageverhalten abgeleitet, wobei "Stecher" ihre Eier in Pflanzenorganen einbetten und "Roller" Blätter einschneiden und zum Brutgehäuse zusammenrollen.

NEMONYCHIDAE -
Schwarz bis braun und gelblich gefärbte Nadelbaumbewohner (außer Nemonyx sp.) mit 3 mitteleuropäischen Arten mit 3,5-5,5 mm Körperlänge und dreieckigem Kopf und deutlichem, langem Rüssel

ANTHRIBIDAE - Breitrüssler
Die fünfte Unterfamilie der Curculionioidea, zu der die hier präsentierte Art zählt. Die Breitrüssler haben stark entwickelte Kiefer, eine deutlich breitere aber nicht so auffällig lange Kopfvorderrand-Verlängerung (Rüssel) als ihre "Verwandten" und die 11-gliedrigen Fühler enden in einer 3-gliedrigen "Keule", d.h. die letzten 3 Fühlerglieder haben einen auffällig größeren Durchmesser.




Platystomus (Anthribus) albinus



Die Arten der Familie der Breitrüßler, von denen in Mitteleuropa etwa 20 bekannt sind, sind hauptsächlich an Rosengewächsen zu finden oder leben unter Baumrinden. Die Larven der Anthribidae entwickeln sich zumeist in morschem, pilzmyzeldurchzogenem Holz von Laubbäumen. Die hier dargestellte Art ist ein typischer Bewohner von Buchenwäldern. Die Körpergröße der Anthribidae variiert von 1 mm bis 1,4 cm.




Großer Breitrüssler - Körperoberseite mit weißen Färbungsmustern



Zu den in Deutschland häufigsten, auf Grund seiner markanten, weißen Körpermakel auf schwarzem Grunde leicht zu identifizierenden und daher auch bekanntesten Breitrüssler-Arten zählt der Große Breitrüssler. Sein Name wird in den unterschiedlichen Bestimmungsliteraturen West- und Ostdeutschlands der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts mit den Gattungsnamen Anthribus bzw. Platystomus angegeben. Der Artname albinus leitet sich vom lateinischen Begriff album ab, was übersetzt weiss bedeutet (Vergleiche: Albino). Weiß gefärbt sind das jeweils 8. Fühlerglied, die Lippen und Stirne der Kopfvorderseite und in weiterer Fortsetzung ein dreieckiges Feld am Vorderrand des Halsschildes, zwei Makel auf der Oberseite der Elytren sowie die Endspitze der Flügeldecken am Körperende.




Platystomus (Anthribus) albinus



Deutlich mit bloßem Auge erkennbar sind Erhebungen auf der Körperoberseite der Käfer, 3 auf dem Halsschild und mehrere 2er-Paare auf den Elytren, die von aufgerichteten, schwarzen Borstenbüscheln der Körperbehaarung geformt werden, was den Käfern auf den erstern Blick eine Ähnlichkeit mit den Hispinae (Stachelkäfer) aus der Familie Chrysomelidae verleihen könnte.

Übrigens zeigt auch die Körperunterseite des Großen Breitrüsslers ähnlich typische, weiße Zeichnungsmerkmale.







Als durchschnittliche Körpergröße der Käfer werden 7-10 (6-12) mm angegeben. Die Grundfarbe des Körpers variiert von schwarz über schwarzbraun bis braungrau. Die Fortpflanzungszeit der Käfer ist im April.

Zum Ende dieser betrachtung sollte noch auf die Existenz einer weiteren Familie mit Käfern hingewiesen werden, deren Gestalt stark an die Rüsselkäfer erinnert. Es sind dies die Scheinrüßler aus der Familie SALPINGIDAE die zur Überfamilie CUCUJOIDEA zählt und bisweilen mit der Familie PHYTIDAE = Drachenkäfer zusammengefasst wird.









Der Gebänderte Pinselkäfer Trichius fasciatus
Familie SCARABEAIDAE


Die Scarabaeiden, zu Deutsch "BLATTHORNKÄFER", ordnet man in der zoologischen Systematik der Käfer der Überfamilie SCARABAEOIDEA welche noch die Familien LUCANIDAE (Hirschkäfer, Schröter oder Kammhornkäfer), TROGIDAE (Erdkäfer), GEOTRUPIDAE (Mistkäfer) umfasst. Alle Käferarten dieser Familien zeichnen sich dadurch aus, daß ihre Fühler zwischen dem ersten und zweiten Antennenglied gekniet sind und angewinkelt bzw. "eingefaltet" werden können. Dies ist notwendig um die empfindlichen verbreiterten Endglieder der Antennen zu schützen, denn die Tiere graben im Erdboden. Auch diese "gefächerten" Fühlerendglieder sind ein charakteristisches Bestimmungsmerkmal und unterscheiden sich von den "Fühlerkeulen" anderer Käferfamilien dadurch, daß sie nur "einseitig" ausgeformt sind. Vermutlich trägt der Fächer feine Sensorzellen zur Orientation an Pheromonen (Sexuallockstoffen).



Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
Familientypische Blatthornkäfer-Antenne mit Gelenk zwischen 1. und 2. Fühlerglied und einseitig fächerförmig verbreiterten Fühlerendgliedern.



Der Ursprung des Namens der Käferfamilie SCARABAEIDAE gründet sich auf den berühmten Skarabaeus-Käfer, der insbesondere in der Mythologie Ägyptens wichtige symbolische Bedeutung verkörperte und wohl neben dem Hirsch-, Mai-, Rosen-, dem Mist- und dem Nashornkäfer der popularwissenschaftlich bekannteste Vertreter dieser Familiengruppe ist. Sein charakteristischer Körperbau ist in unzähligen Felszeichnungen, Malereien, Skulpturen und Schmuckstücken wiedergegeben. Besondere Aufmerksamkeit erregten die Tiere als "Lebende Juwelen" der ägyptischen Pharaoninnen, die diese an einem durch die Flügeldecke der Käfer gezogenen Band an ihrer Oberbekleidung anhefteten, so daß die Tiere langsam über die Schultern der edlen Frauen wanderten und sowohl die Betrachter in ihren Bann zogen als auch die Haut ihrer Trägerinnen mit ihren Krallen stimulierten.




Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
Durch die Berührung der menschlichen Haut mit Skarabäiden-Käferkrallen lassen sich auch heute noch leicht erotisch-sensuelle Stimulationen erzeugen, wie dies in Ägypten mit dem Skarabäus-Käfer zur Pharaonenzeit gerne praktiziert wurde.



Bereits in einem vorangehenden Kapitel dieser Publikationsreihe ist mit dem Balkenschröter Dorcus parallelopipedus ein Vertreter aus der Überfamilie der Scarabaeoidea beschrieben worden. Am Beispiel des nicht weniger anschaulichen, auffälligen und leicht bestimmbaren Gebänderten Pinselkäfers soll nun die zweite Familie dieser Gruppe, die eigentlichen Blatthornkäfer genauer beschrieben werden. Trichius fasciatus zählt zur Scarabaeidae-Unterfamilie der Pinselkäfer (Trichiinae). Weitere Unterfamilien sind unter anderen die Rosenkäfer (Cetoniinae), Maikäfer (Melolonthinae), Riesenkäfer (Dynastinae), Dungkäfer (Coprinae und Aphodiinae) und die Gartenkäfer (Rutelinae).




Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
An sonnig-heissen Sommertagen findet man den nicht überall häufigen aber auffälligen Käfer gerne auf weißen Doldenblüten oder lila Disteln auf blütenreichen Wiesen im Mittelgebirge, an Rosen sowie auf Thymianblüten an Waldrändern bzw. auf Waldwiesen.



Namensgebend in Deutschland ist für Trichius fasciatus wohl seine ausgeprägt wollige Körperbehaarung, die insbesondere auf der Oberseite des Thorax, an der Abdomen-Unterseite und am Kopf Bürsten- oder Pinsel-artig aussieht sowie die auffällige schwarz-gelbe Bänderung der Flügeldecken. Möglicherweise ist es auch diese Mimikry mittels schwarz-gelber Abdominalstreifung, die den Käfern ein bienen- oder wespenähnliches Aussehen verleiht, die dem englischen Artnamen "Bee-Beetle" (Bienenkäfer) zu Grunde liegt, doch weist der englische Name noch eindeutiger auf den charakteristischen Summton hin, den der Käfer beim Fliegen erzeugt und der unverwechselbar an das Summen einer fliegenden Biene erinnert. 




Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
Der Summton des abfliegenden Käfers kann kaum vom Fluggeräusch einer Biene unterschieden werden. Siehe auch:



Verbreitungsgebiet von Trichius fasciatus ist Eurasien. In Europa findet man ihn von Süditalien bis Skandinavien und auf den Britischen Inseln mit Ausnahme Irlands. Aus dem Kaukasus, Sibirien und Japan fehlen Registrierungen der Käferart. Die Gattung Trichius umfasst 7 weitere, zum Teil sehr ähnlich aussehende Arten (Trichius zonatus, Trichius abdominalis, Trichius sexualis), von denen sich T. fasciatus dadurch unterscheiden läßt, daß die Mittelschienen eine charakteristisch "gezähnten" Einschnitt aufweisen.




Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
Zwei Ansichten der gezähnten Einkerbung der Mittelschiene als ein Artbestimmungsmerkmal zur Abgrenzung von ähnlichen Trichius-Arten.




Die auf den ersten Blick sehr eindeutige Flügeldecken-Farbzeichnung von Trichius ist kein Artbestimmungsmerkmal, da die schwarzen Zeichnungsmuster in Form und Ausdehnung von Individuum zu Individuum sehr variabel sind, während die gelb-getönten Elytren-Bereiche farblich bis ins Orange tendieren können.




Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus
Die Farbzeichnung der Flügeldecken ist sehr variabel, dient allerdings nur als Gattungs-, nicht aber als Art-Bestimmungsmerkmal. Der ebenfalls hier abgebildete, rot-orange Käfer ist Rhagonycha fulva aus der Familie CANTHARIDAE (Weichkäfer)



Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus



Video: Kletterkapazität und Fluggeräusch von Trichius fasciatus
Hauptflugzeit der Käfer sind die Sommermonate Juni und August. Die Tiere zeigen sich fast ausschließlich an heißen Tagen mit starker Sonneneinstrahlung. Die Larvalentwicklung der Käfer dauert 2 Jahre. Die Larven von Trichius fasciatus entwickeln sich im Mulm verrottenden Holzes insbesondere von Birke, Buche und Erle.







Gebänderter Pinselkäfer Trichius fasciatus










Der Violette Ölkäfer Meloe violaceus
Familie MELOIDAE



Von der Vielfalt (Diversität) von Körpergestalten und Lebensweisen der Käfer mag der Leser der vorangegangenen Artenbeschreibungen bereits einen Eindruck gewonnen haben, doch stellt die im Folgenden beschriebene Art ein selbst für den Abwechslungsreichtum der Formen der Käfer bemerkenswertes, ja vielleicht sogar aufsehenserregendes Beispiel dar, so daß das am 1. April 2014 bestätigte Vorkommen von Meloe violaceus in Weilmünster nicht nur deswegen hocherfreulich ist, daß es sich bei diesem Käfer um eine besonders geschützte Tierart handelt, die unter den "Gefährdeten Arten der Roten Liste" verzeichnet ist.


Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer) 



Wenige andere Käferarten haben die Phantasiekraft des Menschen so erregt und angetrieben, ja bis zum vermeintlichen Wahnsinn gesteigert, wie der Ölkäfer Meloe, der im deutschen Volks-Sprachgebrauch auch "Maiwurm" genannt wird, doch ist er weit weniger beschrieben und besungen wie sein Namensvetter, der Maikäfer Melolontha melolontha, mit dem zusammen er im Frühlingsmonat Mai in vergangenen Zeiten individuenreiche Populationen bildete. Gründe für die heute registrierte Seltenheit dieser Tierart sind insbesondere die Mythen, daß diese Art "giftig" und für den Menschen "lebensgefährlich" sei, daß der Körper der Käfer eine die menschliche Sexualaktivität stimulierende Substanz beinhalte, daß aus ihm medizinische Präparate zur Bekämpfung von Leiden und Krankheiten, daunter der "Tollwut" hergestellt werden können und nicht zuletzt, das er bzw. seine Larven sich in Bienenstöcken vermehren. All dies führte zu menschlicher Sammelwut und unbegründete Verfolgung durch Bienenzüchter so daß man heutzutage leider nur sehr selten einen "Maiwurm" zu Gesicht bekommt, während in früheren Zeiten diese Art wie erwähnt sehr häufig anzutreffen war.



Oberflächliche Charakterisierung von Meloe sp. als "Bienenfeind" auf Grund des in den Abbildungselementen 11a (Käfer-Habitus), 11b (Eiablage) und 11c (Auf blütenbesuchende Bienen wartende Triungulinus-Larven auf Leberblümchen) symbolisch dargestellten Käfer-Larvenentwicklungszyklus. 
Abbildung aus Meyers Konversationslexikon 6. Auflage von 1905


Dabei beruht die Einstufung der in Deutschland heimischen Ölkäferarten als Tierart, die Schäden in Bienenzuchten anrichten könnte, zuerst schlichtweg auf einer Verwechslung in der deutschen Namensgebung eines ihrer Entwicklungsstadien, nämlich durch die fälschliche Doppelbezeichung der Triungulinus-Käferlarve (11c) als "Bienenlaus". Die eigentliche Bienenlaus (15) Braula coeca (DIPTERA: Fam. Braulidae), ein Epiparasit von Honigbienen (Apis mellifera) richtet zwar keinen unmittelbaren Schaden in Bienenvölkern an, kann aber bei hoher Befallsdichte die Eilegeleistung und damit die Reproduktionsrate von Bienenköniginnen vermindern.

Die fälschliche Bezeichung "Bienenlaus" für die Triungulinus-Ölkäferlarve beruht nun darauf, daß die weitere Entwicklung der Ölkäferlarven tatsächlich im Zusammenhang mit Bienenbruten steht, allerdings vermehren sich Ölkäferlarven nur in Brutzellen bzw. Nestern von solitären Wildbienen, nicht aber in Honigbienenstöcken.

Beschrieben ist der merkwürdige und eine Ausnahme im Vergleich zur Entwicklung anderer Käferlarven darstellende Metamorphose-Prozess der Ölkäferlarven für die Käfer-Arten der Familie Meloidae (früher auch wegen der verkürzten Flügeldecken einiger Arten mit den Cantharidae als "Blasenkäfer" zusammengefasst) und wird als "Hypermetamorphose" (Überverwandlung) bezeichnet. Diese Larvalentwicklung verläuft wie folgt:

Nach der Eiablage in verborgenen oder offenen Gelegen aus bis zu mehreren tausenden Eiern erklimmen die geschlüpften Triungulinus-Larven Blüten oder dringen direkt in die Öffnungen von naheliegenden Erdbienennestern ein. Triungulinus-Larven haben 3 Beinpaare mit scharfen Klauen und Borsten am Körperende, die sie zum "Springen" befähigen. Die Käferlarven klammern sich dann unspezifisch an blütenbesuchende Wirtsinsekten an und lassen sich von diesen in ihre Nester tragen, wobei nur in Nestern von solitären Bienen, Grabwespen oder in Orthopterengelegen (Hylabris crocata) eine Weiterentwicklung der Käferlarve erfolgt. Die Triungulinus-Larven ernähren sich in den Brutzellen ihrer Wirte vom eingetragenen Blütenpollen und verzehren schließlich auch die Larve selbst, bevor sie sich zum ersten Mal verpuppen. Aus dieser initialen Puppe schlüpft aber noch nicht das fertige Insekt. Zuerst entstehen ein Übergangsstadium und eine "Scheinpuppe" aus der dann ein erneutes Larvenstadium entsteht daß sich dann zur endgültigen Puppe verwandelt, aus der schließlich der fertig entwickelte Käfer schlüpft.

Besonders abenteuerlich erscheint ein möglicher Entwicklungsschritt der Meloe-Larven, die nach dem gleichzeitigen Schlupf in großer Zahl aus einem Gelege gemeinsam eine Blütenpflanze erklimmen und dort eine Gruppen-Zusammenballung bilden, die in Form und sekretiertem Pheromon einer weiblichen Wildbiene ähnelt, so daß dadurch angelockte Wildbienen-Männchen diesen aus dutzenden von Larven zusammengesetzten Schein-Körper anfliegen und zu begatten versuchen, wobei ihr Körper von Triungulinus-Larven bestiegen wird. Bei späteren, tatsächlichen Paarungen des Bienenmännchens wechseln die Larven dann auf das Weibchen über und lassen sich von diesem in das Nest tragen, wo sie Brut und Nahrung parasitieren. Dieser Vorgang ist im folgenden naturwissenschaftlichen YouTube Film "The Blister Beetle" , der hier trotz der offensichtlichen Verwendung auch von Trickfilmtechnik wegen seiner eindrucksvollen Anschaulichkeit wiedergegeben wird, dargestellt:








Die Coleopteren-Familie der Ölkäfer (Meloidae) umfaßt weltweit ca. 2.700 Arten, in Mitteleuropa leben davon 16 Arten. In Deutschland sind aus der Gattung Meloe selbst die Arten Meloe autumnalis, proscarabaeus, violaceus, coriarius, hungarus, decorus, brevicollis und rugosus bekannt. Weitere heimische Arten der Familie Meloidae sind Cerocoma schaefferi, Lytta vesicatoria, Hylabris crocata, Apalus bimaculatus, Stenoria analis, und Sitaris muralis.

Die Käfer der Gattung Meloe unterscheiden sich von anderen Arten dieser Familie durch die zum Abdomenende hin stark nach Außen divergierenden und verkürzten Flügeldecken. Nicht nur wegen ihrer augenscheinlichen Plumpheit sind Meloe-Arten flugunfähig - ihnen fehlen auch vollständig die häutigen Flügel unter den Elytren. Die Körpergröße innerhalb der einzelnen Arten ist sehr variabel, die Größenangaben für Meloe-Körperlängen reichen von 6 mm bis 45 mm. Die Körperfärbung ist meist dunkel braun-schwarz mit mehr oder weniger starkem, grünem oder blauem metallischen Glanz der Oberfläche. Auch die Fühlerform ist sehr variabel und ein Bestimmungsmerkmal, wobei die Arten M. autumnalis, proscarabaeus und violaceus leicht an den auffällig geformten Gliedern der Fühlermitte erkennbar sind, die auf der folgenden Abbildung deutlich zu sehen sind.



Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer)
Abbildung der nicht das gesamte Abdomen bedeckenden Elytren. Sichtbar sind ebenso die Drüsenöffnungen an den Abdominalsegmenten sowie die vergrößerten, mittleren Fühlerglieder.



Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer)
Die Punktierung von Kopf- und Halsschild gilt als Unterscheidungsmerkmal zwischen M. violaceus und M. proscarabaeus. M. violaceus hat deutlich feiner geformte Punktgruben, die nicht ineinander übergehen. Ebenso ist bei dieser Art die Fläche zwischen den Punktgruben matt-glänzend während bei M. proscarabaeus die Körperoberfläche in diesem Bereich deutlicher stark metallisch glänzt. 


Trotz ihres eher schwerfälligen Körperbaues sind die Violetten Ölkäfer auf ebenem Untergrund zu unwerwartet schnellen Fortbewegungen fähig und erreichen dabei Geschwindigkeiten, die durchaus mit denen bei Laufkäfern (Carabidae) zu beobachtenden vergleichbar sind, wie der nachfolgende Foto CID Nature Study Video belegt:



https://www.youtube.com/watch?v=D-9Enzdimao&list=UUnHAXjL8ms6YjNpzmy0gtZQ
    

Namensprägend für die Käferfamilie ist ihre Eigenschaft bzw. Fähigkeit, körpereigene chemische Substanzen als Abwehrstoffe einzusetzen, wobei diese je nach betroffenem Tier oder Mensch ätzende, toxische, Haut- oder Schleimhautreizende oder Sensorzellen stimulierende Wirkung haben oder auch wirkungslos bleiben. Konkret handelt es sich um die in der Körperflüssigkeit (Hämolymphe) der Käfer entstehende Substanz "Cantharidin", die in Form eines "Wehrsekretes" bei Bedrohung oder Reizung von den Tieren aus Porenöffnungen  an den Beinen in Form kleiner Tröpfchen ausgestossen wird. Die "ölige" Konsistenz dieses farbigen Sekretes begründet den deutschen Namen "Ölkäfer" und die der Substanz zugeordneten Wirkungen bilden die Grundlage für intensive naturwissenschaftliche, ethnomedizinische, pharmazeutische und ethnobiologische Studien sowie den Einsatz der Wirkstoffe aus den Tieren von der Antike bis zur allerjüngsten Gegenwart.



Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer)
Auf der Fotografie links neben dem Käfer sind Spuren von hinterlassenem Wehrsekret in Form gelb-oranger Tröpchen auf der Hand des Fotografen zu sehen.


Heute weiß man, daß es sich bei der Chemikalie Cantharidin um ein TERPENOID (Monoterpen) handelt, daß beim Menschen Reiz- und Nervengift- sowie Aphrodisiaka-Wirkung entfalten können soll, was Grundlage für die Einordnung des Stoffes in der EU-Gefahrenstoffkennzeichnung als "sehr giftig T+"  ist. Die lethale Dosis (LD) für den Menschen liegt bei 0,03-0,5 mg pro kg Körpergewicht bei oraler Ingestion.

Medizinisch wird Cantharidin wegen seiner Ätzwirkung zur Beseitigung von Hautmakeln (Warzen) durch Cantharidin-Pflaster verwendet. Durch die Substanzwirkung können auf der menschlichen Haut Blasen entstehen. Diese historische Verwendung des "Öls" der Ölkäfer trug ihnen zusätzlich die Namen "Blasenkäfer" und "Pflasterkäfer" ein. Ein Rezept der "Zigeunermedizin" für die die Zubereitung einer Käfercreme aus der Meloide Lytta vesicatoria (Spanische Fliege) gegen die Gicht (Gelenkschmerzen) sieht vor, die getrockneten Käfer grob zu zerstoßen und mit Wachs, Terpentin und Öl zu vermengen. Das dann aufgepflasterte Gift wirke stark hautrötend und hautreizend und beruhige nach Abklingen der Rötung die Gelenkschmerzen wobei es aber "sehr scharf sei und Blasen ziehen" könne.

Erläuternd sei hier erneut angemerkt, daß Wehrsekrete zwar bei allen Arten der Familie Meloidae vorkommen, deren ethnomedizinische Verwendung aber hauptsächlich einer Art zugeordnet wird, nämlich Lytta vesicatoria, der Spanischen Fliege, die sich ob ihrer den ganzen Hinterleib bedeckenden Flügeln sowie ihrer leuchtend-metallischgrünen Körperfarbe klar von den hier hauptsächlich beschriebenen Arten der Gattung Meloe unterscheidet. Zusammenfassend soll hier deshalb ein Überblick über die Namensgebung innerhalb der Familie wiedergegeben werden:

Familie Meloidae

Ölkäfer, Pflasterkäfer, Blasenkäfer, Blister Beetle, Meloides, Nünükefélék, Hólyaghúzófélék, Oliekevers, Oleicowate, Maikowate, ...

Gattung Meloe

Maiwürmer, Ölmütter, Oil Beetle, Carralejas, Oleica, ...

Gattung Pseudomeloe (Lateinamerika)

Ucchucaspa, Piojo de Gallinazo, Vaquitas ...

Gattung Lytta (vesicatoria)

Blister Beetle, Spanish Fly (Eng.), Cantharide officinale (Fr.), Cantarella verde, Abadero, Cantárida, Mosca de España,  Mosca Española (Span.), Hukhi (Aymara), Dova (Hindi), Kanthares (Greek), Mubehyat (Turk.), Muschteh (Arab.), Kuvetba (Persi.), Giftkäfer, Lieesgift (Liebesgift), Ölwurm, Pissekäfer, Schmalzkäfer, Ziehkäfer, Bienenlaus, Blasenkäfer, Ölkäfer, Pflasterkäfer, Goldwirmin, Spanische Fliege (Deutsch).


wobei bei letzterer, mythenumrankter Art eine gewisse Namensvermischung eingetreten zu sein scheint. So schreibt die "Fibel der Homöopathie" (zitiert nach Rehm 1931):  "Cantharis wird Spanische Fliege genannt, weil es aus einem Russischen Käfer gewonnen wird". Namen, die möglicherweise auch als Familiennamen oder synonym für andere Ölkäfer-Gattungen verwendet worden sein könnten sind daher im Text zu Lytta vesicatoria nicht unterstrichen und fett hervorgehoben.



Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer)



Rezepturen und Mittel die Cantharidin enthalten sind so vielfältig wie die Weltregionen, in denen die Käfer vorkommen und die Phantasie der Menschen, die in ihnen leben. Auffällig ist aber, daß überall eine enge Relation zwischen Wundheilmittel, Sexualstimulantium und tödlichem Gift beschrieben wird, so als ob ein unausgesprochener Zusammenhang zwischen Schmerzlinderung durch Übertragungsreize, extremer Potenzsteigerung und Exekution bestünde. Solche Zusammenhänge sind in historischen Betrachtungen der Justizgeschichte allerdings allgegenwärtig. Bekannt ist beispielsweise, daß in Griechenland ein Kantharidin-Auszug als Ersatz für den Schierlingsbecher galt. Der "Aqua tofana" genannte Trank wurde zumindestens bis ins 17. Jahrhundert für Hinrichtungen und Morde genutzt (Ida Pohl-Sennhauser: Rattenschwanz und Schneckenschleim)

In China werden Ölkäfer der Gattung Mylabris zur Blutkreislaufstimulantion und Schmerzlindernden Behandlungen verwendet. Die "Ban Mao" Käfer werden dazu mit Skorpions- und Hundertfüßlern zusammen in Zinnober vermischt.

In Marrokko werden Lytta Arten entweder mit Hanf (Cannabis) vermischt geraucht und sollen so die Wirkung des Haschisch als Aphrodisiakum enorm verstärken, oder als Mus (Latwerge) zubereitet gegessen indem sie mit Honig, Eicheln, Nüssen, süßen Mandeln, Butter, Mehl und Sesam vermengt werden. Die "Latwerge" (Leckschmiere) wird "Madschun" genannt.

In Ungarn sollen kinderlose Personen jeweils an Freitagen, dem Tag der Liebesgöttin (Freya, Venus, ...) von einer Lytta vesicatoria - Zubereitung aus Käfern, Hanfblüten und Eselsmilch genossen haben, wobei vermutlich nicht zuletzt die Fruchtbarkeit durch dieses Mittel gefördert werden sollte.

In Deutschland war es der Maiwurm Meloe sp., der officinalmedizinisch zur Heilung von Bißwunden tollwütiger Wölfe und Hunde an Kindern, Erwachsenen und Haustieren herangezogen wurde. Ein detailliertes Rezept aus dem Jahre 1777 zur Zubereitung eines "Leckmus", seiner Dosierung und Gabe sowie der späteren Pflege der Behandelten ist im medizinhistorischen Werk "Die Geschichte der Hundswuth und der Wasserrscheu" von Franz C. Krügelstein wiedergegeben.  

Die Kantharidin-haltige Körperflüssigkeit von Meloe sp. wurde nach anderen Rezepturen auch direkt als Auflage von "Zugpflastern" auf frischen Wunden nach Bissen von Schlangen, tollwütigen Hunden und Insektenstichen aufgelegt. Zur Substanzgewinnung seien die Käfer in Honig, Lein- oder Baumöl ertränkt und anschließend zu einer Salbe zerrieben worden. Neben dieser Heilwirkung existieren auch Zubereitungen von Meloe als Sexualstimulans. Dazu wurden die Käfer getrocknet und zerrieben in Bier getrunken, was gegen Schwäche jeglicher Art insbesondere sexuelle Impotenz helfen soll. In der Region Dithmarschen (Schleswig Holstein / Nordseeküste) wurde ein entsprechendes Gebräu, der sogenannte "Kaddentrank" bis 1850 angeboten.

Verwechslungsträchtig bei den officinalmedizinischen Zulassungen von Käferheilmitteln in Deutschland um 1799 waren möglicherweise die wissenschaftlichen Namensähnlichkeiten von Maikäfer und Maiwurm. Aus dem Maiwurm Meloe sp. wurde das bereits beschriebene Latwerge-Heilmittel "Meloe majalis Melle conditae" hergestellt, aus dem in Honig eingemachten Maikäfer Melolontha melolontha das Aphrodisiakum und Tollwutmittel "Melolontha vulgaris L. Scarabaeus melolontha". Möglicherweise führten Theorie und Anwendungserfahrung in den folgenden Jahrhunderten sowohl zum Entstehen von lobenden Melodien und Maigesängen als auch zu Ausrottungskampagnene gegen beide Käferarten.

Heutige Produkte, die den Wirkstoff Cantharidin enthalten sollen, sind unzählige Zubereitungen von "Liebestropfen", die zumeist ca. 30 Minuten vor dem beabsichtigten Zusammenspiel mit dem Sexpartner oral eingenommen werden sollen und zwar durch Einträufeln von 3-4 Tropfen in den Mund unter die Zunge. Ob das Cantharidin in den Lustmitteln tatsächlich aus verarbeiteten Meloidae-Käfern stammt oder ob ein synthetisch hergestellter Ersatz eingesetzt wird, ist hier unbekannt und müßte bei den Produzenten erfragt werden. Raffinierter und in Kombination mit der richtig ausgewählten Beschenkten wirkt wohl das Parfüm "MELOE" von "Teo Cabanel".






Erotische Phantasiereize spielen auch in der UFA Filmproduktion "Die Spanische Fliege" des Regisseurs Hermann Fellner aus dem Jahr 1931 eine Rolle, insbesondere in der Traumszene, obwohl hier weder Cantharidin-Extrakte noch Käfer ihre stimulierende Wirkung entfalten sondern einzig und alleine der heißblütige Auftritt der Schauspielerin Lizzy Waldmüller für die vollständige und unmittelbare Begeisterung des männlichen Publikums zur Wirkung gelangt.



https://www.youtube.com/watch?v=7Bu_GukUx0c
Die Spanische Fliege (UFA-Film von Herrmann Fellner, 1931)



Meloe violaceus Käfer sind ab dem Monat April aber in größerer Zahl erst im Mai insbesondere auf Wiesen anzutreffen, wo sie behäbig durch das Gras klettern und Blätter- oder Blütenteile verzehren. Verbreitungsgebiet des Käfers ist ganz Europa bis Nordostasien.



Meloe violaceus (Violetter Ölkäfer)








Der Rote Scheibenbock Pyrrhidium sanguineum
Familie CERAMBYCIDAE

Wohl kein Leser und keine Leserin dieser Schriftenreihe wird sich wundern, warum die Vervollständigung der Betrachtung der Käferarten Weilmünsters so langsam voranschreitet, denn diese Artikelserie stellt nur die bemerkenswerten, also selteneren oder unbekannteren Käferarten in den Mittelpunkt des Interesses, so dass die allgegenwärtigen und jedem bekannten Marien-Käfer oder gar die Mist-Käfer hier kein Forum finden werden. Doch haben seltenere Arten Eines gemeinsam : man muss sie finden um sie fotografieren, dokumentieren und beschreiben zu können. Und das ist bisweilen ein langwieriges Geschäft.

Auffällig und nicht schwer zu finden sind zumeist die bunt, metallisch glänzenden oder gar in Alarmfarben "gekleideten" Insekten wie die hier betrachtete Bock-Käfer-Art, deren Flügeldecken und das Halsschild in einem angenehm samtigen, leuchtenden Pastellrot getönt sind, welches schon auf grosse Distanz hin den Blick auf die mit  8-12 Millimeter kleinen, eigentlich eher unscheinbaren Coleopteren lenkt.


Der ROTE SCHEIBENBOCK Pyrrhidium sanguineum


Eigentlich ist der Körper des Käfers glänzend schwarz gefärbt, sein rotes Erscheinungsbild kommt durch die Färbung der mit einem dichten roten pelzigen Haarkleid bewachsenen Thorax- und Abdomen-Oberseiten - dem sogenannten PRONOTUM (Halsschild) und den ELYTREN (Flügeldecken). Diese Färbungscharakterisitk führt dazu, dass der Rote Scheibenbock im deutschen Sprachraum heutzutage auch als Rothaarbock bezeichnet wird. Im Französischen nennt man den Käfer Callidie rouge-sang bzw. Callidie sanguine, in Polnisch Sciga purpurowa und im Holländischen Rode Boktor. Die Existenz vietnamesischer und indonesischer Trivialnamen deutet allerdings darauf hin, dass diese Insektenart vermutlich in Verbindung mit transportiertem Holz aus Europa auch in anderen Weltregionen gefunden worden ist.

Verbreitet ist diese Käferart palaearktisch, das heisst begrenzt auf die Nordhalbkugel-Region der sogenannten Alten Welt, also Europa, Russland und die sogenannten Balkan-Länder Klein-Asiens. Neben der Körperfärbung fallen bei der näheren Betrachtung zuerst die für Bockkäfer typischen, relativ langen Fühler sowie die verdickten Oberschenkel der 3 Bein-Paare auf. Innerhalb der Familie CERAMBYCIDAE findet sich in Deustchland keine ähnliche Art, mit welcher der Rote Scheibenbock verwechselt werden könnte, doch ähneln die Käfer auf den ersten Blick hin sehr dem RÜSSEL-ROTDECKENKÄFER Lygistopterus sanguineus aus der Familie LYCIDAE beziehungsweise zumindestens in Bezug auf die Färbung dem SCHARLACHROTEN FEUERKÄFER Pyrochroa coccinea aus der Familie PYROCHROIDAE, welcher allerdings auffällig "gekämmte" Fühler trägt und sich unter anderem so vom Roten Scheibenbock unterscheidet.    



Der ROTE SCHEIBENBOCK Pyrrhidium sanguineum


    
Lebensraum der Käfer sind Wälder, insbesondere Eichen- oder Laubwälder und baumbestandene Gärten. Hier bevorzugen sie Altholzbestände und sind nicht selten in Altholzstapeln oder an absterbenden Bäumen zu finden, wo sie ideale Bedingungen für die Eiablage in Rissen im Holz bzw. unter sich lösender Baumrinde finden. Die Larven selbst nagen Gänge bis zu 6 cm tief in moderndes, von Pilzen zersetztes, weiches Holz und durchlaufen eine 1 bis 2-jährige Entwicklungsphase im Baumstamm, bevor sie sich verpuppen und der adulte Käfer schlüpft. Im Jahresverlauf treten adulte Käfer in den Monaten April bis Juni auf. Bei der Lagerung von Nutzholz in Wohnräumen schlüpfen Rote Scheibenböcke bisweilen auch im Winter, z.B. aus Kaminholz. In der Literatur werden Eichen, Buchen, Ulmen oder Obstbäume als Wirtspflanzen genannt, doch wurden die hier dokumentierten und abgebildeten Tiere Anfang Mai 2017 im Botanischen Garten des CID Institutes an verwittertem Thuja-Holz entdeckt, so dass wohl auch Coniferen-Holz als Wirtspflanze angenommen wird, wenn es sich bereits im einsetzenden Zerfallsstadium befindet. Holz-, Forst-, Obstbaum- oder Kulturpflanzen-Schädlinge sind diese Käfer also nicht, denn wenn sie an einem Baum zur Eiablage schreiten, dann muss dieser bereits soweit durch Destruenten "vorbereitet" worden sein, dass er sich zur Larvalentwicklung der Käfer, die gesundes Holz nicht "anbohren" können, eignet.



Liebes-Nest eines Pyrrhidium sanguineum-Paares in einem Thuja-Wurzelstock
aus dem Botanischen Garten des CID Institutes am 6. Mai 2017



Sind die Bockkäfer dieser Art also nicht nur KEINE Schädlinge, so sind sie als Zersetzer von Altholz, welches wegen seines fortgeschrittenen Zerfallszustandes sowieso nicht mehr kommerziell genutzt werden kann und eigentlich - unter Verwertungsaspekten - aus Wäldern und Gärten mit hohem Aufwand weggetragen werden müsste, genaugenommen wichtiger Teil der wertvollen Nützlingsfauna, die als Destruenten zerfallende Biomasse aufspalten und dem Nahrungskreislauf wiederzuführen. Dieser Aspekt möge zum Schutz dieser nicht nur anschaulichen und erfreulichen Käferart beitragen, welche durch die Bewahrung von limitierten Altholzstapeln in Gärten, in der Verwendung von Holzpfosten bei der Weideumzäunung und durch die Nichtbeseitigung von Altholzinseln in der Natur gestärkt und gefördert werden kann.


Liebes-Paar des Roten Scheibenbockes Pyrrhidium sanguineum 
im Botanischen Garten des CID Institutes




Videoaufzeichnung der sexuellen Aktivität eines Roten Scheibenbock-Paares
https://www.youtube.com/watch?v=WJM4IsH9-wk













   





Aktualisierung

9. Mai 2016

Die Betrachtung wird spontan 
bzw. beim Fund erwähnenswerter Arten 
weitergeschrieben.












































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